Lernort Berlin: Dresdner Schüler auf Spurensuche im Regierungsviertel

Geschichte zum Anfassen: Eine Schulklasse des Pestalozzi-Gymnasiums Dresden besuchte mit uns sechs legendäre Orte, die von der wechselvollen und spannenden Geschichte Berlins erzählen.

 

Im Berliner Regierungsviertel, in dem heute politische Entscheidungen für über 83 Millionen Menschen getroffen werden, finden sich noch zahlreiche Orte, die an die Zeit der deutschen Teilung erinnern. Quer durch das heutige Parlamentsviertel verlief die Grenze zwischen dem demokratischen Westen und dem sozialistischen Osten. Doch wo genau verlief die Mauer? Wie kam es zur Deutschen Einheit? Wie funktioniert das Zusammenspiel der politischen Institutionen? Und was haben die Bauten mit Helmut Kohl zu tun?

Die Klasse 10/4 des Pestalozzi-Gymnasiums Dresden beschäftigt sich derzeit mit dem Verhältnis der beiden deutschen Staaten und dem dahinterstehenden Systemkonflikt. Unser „Angebot außer Haus“ bot sich hier passend zum Lehrplan als Ergänzung und Vertiefung an.

Nach einer kurzen Begrüßung im Kohl Salon, dem Besucherraum der Stiftung in der Wilhelmstraße, starteten die 25 Jugendlichen in Begleitung unseres Jugendbildungsreferenten Benjamin Haase ihre Erkundungstour. Erste Station war das Grundgesetz-Denkmal des israelischen Künstlers Dani Karavan am Jakob-Kaiser-Haus. Auf 19 Glasplatten sind dort die Grundrechte des Grundgesetzes im Original-Wortlaut von 1949 mit Laser eingraviert. Unmittelbar an der Spree, die hier einst Ost- und West-Berlin trennte, erinnern sie an die schwierigen Jahre der Gründung der jungen deutschen Demokratie in Bonn. Sie mahnen auch, die wiedererlangte Einheit nicht als ungefährdete Selbstverständlichkeit und Politik in Berlin nicht als geschichts- und voraussetzungslos zu begreifen. Am Beispiel ausgewählter Artikel diskutierten die Schülerinnen und Schüler die Bedeutung der Grundrechte im Alltag und der Gewaltenteilung in unserer Demokratie.

Auf den Spuren von Helmut Kohl suchte die Klasse auch das Bundeskanzleramt auf. Nach der Wiedervereinigung setzte er sich als Regierungschef für Berlin als Parlaments- und Regierungssitz ein. Der monumentale Bau wurde von Kohl bei den Berliner Architekten Axel Schultes und Charlotte Frank in Auftrag gegeben und 2001 fertig gestellt. Schultes und Frank hatten auch die anderen Parlamentsgebäude im Spreebogen entworfen, die heute als „Band des Bundes“ die früher durch die Mauer getrennten Stadthälften symbolisch verbinden. Vor dem Ehrenhof diskutierte die Gruppe die Aufgaben des Bundeskanzlers und sein Verhältnis zu den anderen Verfassungsorganen. Sie informierten sich über das politische Wirken Helmut Kohls und stellten Fragen zu seinen Amtsvorgängern und Nachfolgern. Weiter ging es über den geschichtsträchtigen Platz der Republik zum Gedenkort Weiße Kreuze, wo die Schülerinnen und Schüler Wissenswertes und Anekdoten rund um den Bau der Mauer, über den Alltag während der Teilung und über gefährliche Fluchtversuche hörten.

Der Rundgang endete am bekanntesten Wahrzeichen Berlins, dem Brandenburger Tor, das mit vielen wichtigen Ereignissen des 19. und 20. Jahrhunderts verbunden ist. Heute lässt sich wie selbstverständlich durch das Tor hindurchlaufen. Bis zum Mauerfall 1989 stand es unmittelbar an der Grenze zwischen Ost- und West-Berlin und symbolisierte so während des Kalten Krieges die deutsche Teilung. Helmut Kohl erkannte die historische Chance der Vereinigung beider deutscher Staaten und nutze sie entschlossen. Das Brandenburger Tor war für ihn, der den Zweiten Weltkrieg noch persönlich erlebt hatte, seit 1990 auch ein Symbol für das geeinte Europa. Die Erzählungen wurden mit vielen Fotos untermalt, sodass die Gruppe die Orte früher und heute vergleichen konnte. Nach der Führung besuchte die Klasse noch die Reichstagskuppel und rundete ihre Berlin-Exkursion mit einem Panoramablick auf die Stadt perfekt ab.