Vor 30 Jahren: Die Auschwitz-Lüge wird strafbar

Stoppschild für Holocaustleugner, Antisemiten und Geschichtsfälscher

Die Leugnung des nationalsozialistischen Völkermords, die Auschwitz-Lüge, erfüllt den Straftatbestand der Volksverhetzung. Das hat der Deutsche Bundestag am 20. Mai 1994 mit großer Mehrheit beschlossen. Wer die Taten der Nationalsozialisten billigt, leugnet oder auch nur verharmlost, muss seitdem mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren rechnen.

Die entsprechenden Änderungen im Strafgesetzbuch, in der Strafprozessordnung und im Verbrechensbekämpfungsgesetz hatte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjustizministerin im 4. Kabinett von Bundeskanzler Helmut Kohl, in ihrem Haus erarbeiten lassen: „Ein eigener Tatbestand gegen das Verbreiten des Leugnens des Holocaust hebt die Strafbarkeit im Vergleich zum geltenden Recht besonders hervor und bringt damit in besonderer Weise zum Ausdruck, dass solche Lügen nicht nur die Ehre der Ermordeten, der Überlebenden und ihrer Nachkommen angreifen, sondern auch das friedliche Zusammenleben zwischen deutschen und jüdischen Bürgern und damit die Völkerverständigung belasten“, so die Bundesjustizministerin.

Strafbarkeitslücke geschlossen

Mit dem Artikelgesetz wurde eine Strafbarkeitslücke geschlossen. Es erfasste auch das Transportieren und Herstellen von nationalsozialistischem Propagandamaterial sowie von NS-Kennzeichen für den Export ins Ausland. Wenige Wochen zuvor hatte der Brandanschlag auf die jüdische Synagoge in Lübeck den gesetzgeberischen Handlungsbedarf besonders deutlich gemacht. Sabine Leutheusser-Schnarrenbergers Kabinettskollege, Bundesinnenminister Manfred Kanther, wies in diesem Zusammenhang auf die Zunahme der von Rechtsextremisten forcierten "Revisionismus"-Kampagne hin und begrüßte das neue Instrument durch die Klarstellung des Straftatbestandes der „Auschwitz-Lüge“.

 

Mahnung fordert Konsequenzen

Helmut Kohl war 1989 und 1995 in Auschwitz und zeigte sich jedes Mal erschüttert und fassungslos über den systematischen Völkermord der Nationalsozialisten. Bereits 1985 hatte der Bundeskanzler bei seinem Besuch des Vernichtungslagers Bergen-Belsen in einer Grundsatzrede an die Mahnung des Ortes erinnert: „Wir sind hier versammelt im Gedenken an die vielen unschuldigen Menschen, die in Bergen-Belsen - wie in vielen anderen Lagern - gequält, gedemütigt und in den Tod getrieben wurden. Die Mahnung dieses Ortes darf nicht verlorengehen, darf nicht vergessen werden.“

Geschichte annehmen

Aus dem Besuch der Vernichtungslager zog Kohl Konsequenzen für die geistigen Grundlagen seiner Politik. Angesichts des in den Vernichtungslagern erduldeten Leidens sei es notwendig „sein eigenes Leben, sein eigenes Denken immer wieder zu überprüfen“, erklärte er in Bergen-Belsen weiter. Für Kohl stand fest: „Versöhnung mit den Hinterbliebenen und den Nachkommen der Opfer ist nur möglich, wenn wir unsere Geschichte annehmen, so wie sie wirklich war, wenn wir uns als Deutsche bekennen: zu unserer Scham, zu unserer Verantwortung vor der Geschichte. Und wenn wir gemeinsam die Notwendigkeit erkennen, allen Bestrebungen entgegenzutreten, die die Freiheit und die Würde des Menschen mit Füßen treten“