Vor 35 Jahren: Die Menschen in der DDR fordern Umtauschkurs 1:1

Es war ein historischer Tag. In Berlin trat die erste frei gewählte Volkskammer der DDR zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Sabine Bergmann-Pohl (CDU) wurde zur Präsidentin der Volkskammer gewählt. Der Vorsitzende der CDU in der DDR, Lothar de Maizière, erhielt den Regierungsauftrag. Gleichzeitig formierten sich Tausende Hauptstädter auf dem Alexanderplatz zu einer Demonstration. Der Zug ging an der Volkskammer vorbei in Richtung Lustgarten. Die Menschen schwankten zwischen Hoffnung und Zukunftsangst.

Das aus zwei Teilen bestehende Angebot Bundeskanzler Helmut Kohls stand im Raum: „Erstens: Zu einem Stichtag wird die Mark der DDR als Währungseinheit und gesetzliches Zahlungsmittel durch die D-Mark ersetzt. Zweitens: Zeitgleich müssen von der DDR die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung einer Sozialen Marktwirtschaft geschaffen werden.“ Mit Blick auf Westdeutschland führte er aus: „Wir beteiligen so die Landsleute in der DDR ganz unmittelbar und direkt an dem, was die Bürger der Bundesrepublik Deutschland in jahrzehntelanger beharrlicher Arbeit aufgebaut und erreicht haben.“

"Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh'n wir zu ihr!", das war nur einer der Rufe auf den Kundgebungen. Wirtschaftsverbände und Ökonomen hatten bereits im Vorfeld von einem zu schnellen Prozess und vom Umtauschkurs 1:1 abgeraten. Es hieß damals, dass ein Wechselkurs von höchstens eins zu vier ökonomisch vernünftig wäre - allerdings war das damals politisch – wie die Demonstrationen zeigten - nicht vertretbar. So empfahl im März 1990 die Bundesbank bei einer Währungsunion mit der DDR die Umstellung von 2:1 vorzunehmen.

Am 1. Juli 1990 war es dann so weit. Im Zuge der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion wurde die D-Mark alleiniges Zahlungsmittel in der ehemaligen DDR.

In seinen „Erinnerungen – Ich wollte Deutschlands Einheit“ führt Helmut Kohl aus, wie er auf die Forderungen der Bevölkerung einging: „Nach wochenlanger harter Arbeit in Kommissionen hatten wir uns auf den Umtauschkurs geeinigt. Löhne und Gehälter sollten 1 zu 1 umgetauscht werden. Derselbe Kurs sollte auch für Sparguthaben bis zu einer Höhe von viertausend Mark (Ost) gelten. Alle weiteren Geld- und Kreditbestände wie auch die Schulden der Betriebe beabsichtigten wir 2 zu 1 umzutauschen. Außerdem hatten wir vereinbart, das DDR-Rentensystem Schritt für Schritt dem der Bundesrepublik anzupassen. Die Bundesbank hatte dies voll akzeptiert.“

Demonstration am 5. April 1990