Der Bundeskanzler macht Urlaub

Über 30 Jahre hinweg verbrachte Helmut Kohl zusammen mit seiner Ehefrau Hannelore die Sommerferien in St. Gilgen am Wolfgangsee. Von 1983 bis 1998 war ein Arbeitsstab aus dem Bundeskanzleramt immer dabei, denn notwendige Regierungsgeschäfte mussten weitergehen.

Milchwirtschaft und Saatgut

„Auf seinen Urlaubswanderungen in den Bergen hatte er die Bekanntschaft etlicher Landwirte gemacht, die meist sehr erstaunt waren, wie sachkundig dieser Politiker nicht nur über die allgemeine Agrarpolitik, sondern auch ganz konkret über Milchwirtschaft oder Saatgut mitreden konnte“, weiß etwa sein Medienberater Eduard Ackermann in seinem Buch „Mit feinem Gehör“ zu berichten.

EU-Politik

In zwangloser Atmosphäre traf er sich auch im Urlaub mit anderen Politikern zum Gedankenaustausch: 1984 beispielsweise mit der britischen Premierministerin Margaret Thatcher, 1986 mit Österreichs Bundeskanzler Franz Vranitzky und 1987 mit Österreichs Außenminister und Vizekanzler Alois Mock.

Urlaubs-PR

Um die Macht der Bilder wusste schließlich auch Kohl. Zur Urlaubs-PR gehörten stets Pressebilder des Ehepaars Kohl – mal auf einer Almwiese oder im Ruderboot, mal beim Füttern von Rehwild. Durch den Kanzler war schließlich der Wolfgangsee für nicht wenige Urlauber um eine Attraktion reicher. 1985 wurde Helmut Kohl Ehrenbürger von St. Gilgen.

Sommerinterviews

Kohl nutzte die inzwischen üblich gewordenen Sommer-Interviews in St. Gilgen auch für überraschende, politische Weichenstellungen. Unvergessen bleiben Ankündigungen wie 1997, dass er 1998 noch einmal kandidieren wolle, obwohl viele Beobachter davon ausgegangen waren, dass er Platz für Wolfgang Schäuble machen würde.