„Welchen Preis hat der Frieden? Vom NATO-Doppelbeschluss zur Zeitenwende“

Eine gemeinsame Veranstaltung der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt und der Bundeskanzler-Helmut-Kohl Stiftung


 

Vor einer „Verschiebung der Täter-Opferbeziehung“, die heute um sich greife und auch vor 40 Jahren bei der Stationierungsfrage von Mittelstreckenraketen in Europa eine Rolle spielte, warnte der Kuratoriumsvorsitzende der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung, Peer Steinbrück, gleich zu Beginn der Abendveranstaltung „Welchen Preis hat der Frieden? Vom NATO-Doppelbeschluss zur Zeitenwende“ in der Nordrhein-Westfälischen Landesvertretung in Berlin.

Es sei ziemlich klar, „wer im Hinblick auf die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa der Täter gewesen ist“, so Steinbrück. „Der Impuls ging von der Sowjetunion aus.“ Es sei auch klar, wer beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine oder beim Hamas-Überfall auf die israelische Bevölkerung die Täter gewesen sind.

Entscheidend zur Beendigung des Kalten Krieges habe das feste Zusammenstehen des westlichen Bündnisses beigetragen, ergänzte aus baltischer Sicht Egils Levits, Lettlands vormaliger Präsident, in einer Videobotschaft. Der NATO-Doppelbeschluss sei Ausdruck der Wehrhaftigkeit des freiheitlich-demokratischen Systems gegenüber der „nach innen repressiv und nach außen expansiv agierenden Sowjetunion“ gewesen. Gleichzeitig habe das Dialogangebot der NATO zur Deeskalation und schließlich 1987 zum Abbau der nuklearen Mittelstreckenraketen in Europa geführt.

„Der NATO-Doppelbeschluss war politisch richtig und moralisch gut“, urteilt Egils Levits. Eine Lehre für die heutige Zeit sei, so der baltische Politiker, dass wir staatlich garantierte Freiheitsrechte und demokratische Werte Aggressoren auch heute nicht zum Opfer fallen lassen dürfen. „Diese Werte müssen verteidigt werden.“

„Die östlichen Mittelstreckenraketen wurden weniger als Bedrohung empfunden, wohl aber die Ankündigung des Westens nachzurüsten, falls der Osten nicht zum Abbau bereit sei“, erinnerte sich Wolfgang Schäuble in seinem Diskussionsbeitrag an die Paradoxie der Stimmungslage in der Bundesrepublik vor 40 Jahren. Bemerkenswert sei gewesen, so der Bundestagspräsident a.D.,

dass der NATO-Doppelbeschlusses mit der Mehrheit aus CDU/CSU und FDP im Deutschen Bundestag gegen die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung getroffen werden musste.

Zur aktuellen Situation bekannte Schäuble, dass man sich über das aggressive Verhaltens Russlands „lange getäuscht“ habe. Schuldzuweisungen seien aber fehl am Platze. Jetzt sei es wichtig, daraus zu lernen und die richtigen Schlüsse zu ziehen. Freiheit sei, so Schäuble mit Blick auf den Titel der Veranstaltung, ein knappes und stets gefährdetes Gut, für das eine Gesellschaft immer auch einen Preis zu zahlen habe, der es wert sei.

„Sicherheit dürfe nicht singulär betrachtet werden“, darauf hob der Generalinspekteur der Bundeswehr Carsten Breuer ab. Es sei nicht mehr angebracht, das Pendel immer nur in eine Richtung ausschlagen zu lassen. „Wir sehen die Bedrohung und schauen weg“, so der General, der für einen neuen Realismus in Fragen von Sicherheit und Verteidigung plädierte.

Dabei gehe es um eine höhere Verteidigungsbereitschaft und einen umfassenden Begriff von Sicherheit. „Wir brauchen eine Reaktion auf hybride Einflussnahmen.“ Die Gesellschaft sei aufgerufen, eine strategische Kultur zu entwickeln – nicht Angst, sondern ein vernünftiges Bedrohungsempfinden, um daraus die richtigen Schlüsse ziehen. „Die Selbstbestimmtheit, wie wir hier leben wollen, dafür stehe ich mit meiner Uniform auch ein,“ bekannte Deutschlands oberster Soldat unter dem Applaus des Publikums.

Volker Kauder, der Kuratoriumsvorsitzende der Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung sprach das Schlusswort. „Die gemeinsame Abendveranstaltung und das vorgeschaltete wissenschaftliche Symposium – veranstaltet von den beiden Kanzlerstiftungen – sollte ein Signal geben für die weitere Zusammenarbeit in wichtigen gesellschaftlichen Fragen.“ Wie auch das Beispiel in der Ukraine zeige, sei nicht Frieden um jeden Preis, sondern Frieden in Freiheit das erstrebenswerte Ziel. „Daran müssen wir überparteilich arbeiten und es in unsere Gesellschaft hineintragen.“

Mit diesem Appell schloss eine Veranstaltung, die der historischen Relevanz der Balance zwischen Abschreckung und Abrüstung vor 40 Jahren nachspürte und für die Gegenwart eine Gelingensbedingung formulierte – das Bewusstsein dafür, dass Freiheit nicht nur gelebt, sondern auch verteidigt werden muss.

Detaillierte Informationen zum Programm der wissenschaftlichen Tagung sowie zu der Abendveranstaltung finden Sie hier: Welchen Preis hat der Frieden? Vom NATO-Doppelbeschluss zur Zeitenwende: Bundeskanzler-Helmut-Kohl-Stiftung (bundesstiftung-helmut-kohl.de)

 

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